Der Leidensweg einer Skywatcher EQ8-R

Vor einiger Zeit habe ich mich dazu entschieden, eine größere Montierung anzuschaffen. Aufgrund der guten Erfahrung mit einer AZ-EQ6, welche schon seit über drei Jahren sehr gute Dienste verrichtet, war mir klar, dass ich vom gleichen Hersteller eine Montierung anschaffen möchte. In diesem Fall wäre dann die nächstgrößere Montierung eine EQ8-R, welche auf dem Papier ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hinlegt. Aktuell gibt es zu diesem Preis nicht viele Alternativen, was die Entscheidung für mich einfacher gestaltet hat. Mit der Anschaffung einer EQ8-R, hat sich mir ein ziemlich langwieriger Leidensweg eröffnet, über den ich hier gerne berichten möchte.

Ich musste aber leider feststellen, dass die Qualität bei Skywatcher wohl stark nachgelassen hat, denn als ich meine erste EQ8-R erhalten habe, sind mir einige kleine oberflächliche Mängel ins Auge gesprungen. Mängel, welche ich bei einer Montierung in der Preisklasse eher weniger erwarte und haben möchte.

Die Abdeckung des Schneckenrades der RA-Achse weist eine mechanische Beschädigung auf, welche auch spürbar etwas übersteht, als hätte man mit einem Körner ein Loch hineingeschlagen.

Eine USB-A Buchse, welche leicht deformiert ist.

Beide Gegengewichte weisen starke Schleifspuren auf, als hätte man diese über den Asphalt gezogen.

Man könnte meinen es handelt sich hier um einen Rückläufer, aber es sind absolut keine Spuren hierzu vorzufinden. Die Verpackung befindet sich in einem neuwertigen Zustand, und in der Prismenklemme findet man keine Spuren von einem Gebrauch. Mir hat die Situation nicht gefallen, dennoch habe ich mich zu einem Testlauf in einer wolkenfreien Nacht entschieden. Ich habe die Montierung auch gleich mit einem größeren Teleskop wie das Celestron C11 EHD bestückt, und konnte damit ein recht gutes Guiding erreichen. Die Funktion war also gewährleistet. Bei schnellen Fahrten ist mir in der RA-Achse ein schleifendes Geräusch aufgefallen, was mich doch etwas gewundert hat. Da aber sonst alles funktioniert hat, habe ich mir im ersten Moment noch nicht so viel Gedanken darüber gemacht.

Nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, kam ich zum Entschluss, dass ich diese Makel nicht akzeptieren möchte. Ich habe die Montierung beim Händler mit den Fotos reklamiert, welcher auch darauf reagierte. Leider war ein Umtausch nicht möglich, da aufgrund der Liefersituation Wartezeiten mit ungefähr einem halben Jahr erwähnt wurden. Somit blieb dann nur noch die Option, die Montierung an den Händler zurückzuschicken. Durch etwas Glück habe ich einen anderen Händler gefunden, welche noch eine EQ8-R auf Lager hatte. Deswegen habe ich meine aktuelle zurückgesendet, und nach Rückerstattung gleich die Montierung des anderen Händlers gekauft.

Als ich dann diese Montierung aus ihrer einwandfreien Verpackung befreit habe, musste ich auch hier mit großer Enttäuschung feststellen, dass auch diese Montierung nicht frei von Makeln ist. Die Abdeckung für das DEC Schneckenrad wurde einfach mit einem Edding übermalt, was durch die glänzende Eigenschaft, und den anderen Farbton direkt aufgefallen ist.

Die Kunststoffabdeckung für den DEC Antrieb hat einen Riss.

Und bei schnellen Fahrten mit der DEC Achse, hört man ein zyklisches Schleifgeräusch, was auffallend ist, und sich vom Geräusch der RA Achse unterscheidet.

Ich habe diese Makel ebenfalls an den Händler gemeldet, welcher sich an Skywatcher gewendet hat. Wie mir daraufhin mitgeteilt wurde, konnte weder ein Umtausch, noch eine Reparatur durchgeführt werden, da weder fertige Modelle, noch Ersatzteile auf Lager wären. Ebenfalls hat der Händler versucht, eine Rückholung über Skywatcher einzuleiten. Dies wäre nur möglich, wenn der Händler die Kosten für die Rückholung tragen würde. Neben der Rückholung, wurde mir noch vom Händler eine Preisreduzierung um 10% angeboten, welche er auch selbst tragen müsste. Es scheint wohl so, dass Skywatcher hier kein Interesse an Kundenzufriedenheit legt.

Ich habe nun daraufhin einige Tage überlegt, und bin zum Entschluss gekommen, den Rabatt von 10%, aber auch die Makel mit Widerwillen in Kauf zu nehmen. Denn wenn ich die Montierung zurückgeben würde, hätte ich nichts in den Händen. Wirkliche Alternativen zu einer EQ8-R, gibt es aktuell kaum. Zudem habe ich ja eine Betonsäule mit einem Adapter für eine EQ8-R ausstatten lassen. Die andere Option wäre nach der Rückgabe eine Wartezeit von ungefähr einem halben Jahr gewesen, und wer weiß, was mir dann zugesendet wird.

Ich habe dann begonnen, ob ich gegen die gezeigten Makel vielleicht etwas machen kann, und habe mit der mit Edding übermalten Stelle begonnen. Mit Isopropanol habe ich den Edding entfernt, und zum Vorschein kam eine größere helle Stelle, welche man vertuscht hat. Das sieht ganz nach einem Fehler in der Herstellung aus. Ich habe diese dann mit einem matten HAMMERITE Metall-Schutzlack mehrfach bedeckt, was erstaunlich gut geklappt hat. Die frisch lackierte Oberfläche weist nicht die Rauheit der Originalen auf, und sieht entsprechend leicht glänzig aus. Im Größen und Ganzen aber kaum unterschiedlich, was mich schon sehr gefreut hat.

Bezüglich der gebrochenen Abdeckung, hat mir der Händler versprochen, dass er mir eine über Skywatcher besorgt, wenn dann die Verfügbarkeit gegeben ist.

Bisher habe ich die Montierung nur per Handcontroller auf meinem Tisch bewegt, aber jetzt hat sich eine Nacht mal für einen realen Test mit Steuerung per USB über die ASIAIR angeboten. Beim Aufbau bemerkte ich dann noch ein weiteres Problem, was sich als nicht ganz unbedeutend herausstellte. Beim Einstecken des USB-B Steckers in die Montierung, ist mir aufgefallen, dass diese recht locker sitzt.

Nach dem Einschalten der Stromversorgung konnte die ASIAIR auch keine Verbindung zur Montierung aufbauen. Ich habe mehrere USB-B Kabel ausprobiert, doch keines hat Abhilfe geschaffen. Ich habe dann in die Buchse reingeleuchtet, und erkannte einen umgelegten Kontakt.

Ich konnte es im ersten Moment nicht glauben, aber die oben erwähnten Makel waren wohl nicht die einzigen. Da ich beim Einstecken keinen Widerstand festgestellt habe, bin ich mir sicher, dass dies schon vorher geschehen sein muss. So ein Kontaktstreifen lässt sich nicht ohne jeglichen Widerstand einfach umfalten. Nach den bisherigen Makeln war das nun schon wieder ein Schlag in die Nieren, besonders weil es sich hier nicht nur um einen äußeren Makel handelt. Da es für mich inzwischen kein Zurück mehr gab, entschied ich mich, auch diesen Mangel selbst zu beheben. Als ehemaliger gelernter Informationselektroniker, sollte das Austauschen einer USB Buchse kein Problem darstellen, vorausgesetzt, die Platine ist in Ordnung. Ich habe daraufhin die Platine ausgebaut, und die Buchse identifiziert, und ein paar identische Exemplare bestellt.

Nach dem Austausch der Buchse gleich den ersten Test im Haus gemacht, und siehe da, die Montierung lässt sich einwandfrei per USB ansprechen. Da fällt einem gleich mal ein Stein vom Herzen, denn eine neue Platin wäre wohl aufgrund fehlender Ersatzteile wohl auch keine Option gewesen.

Ich habe mich dann noch um ein weiteres Problem gekümmert, was sich bisher außer Acht gelassen habe, und zwar das auffällige Geräusch der DEC Achse. Ich habe hierzu mal eine Anleitung gesucht, in der ich den Backlash einer EQ8-R korrigieren kann. Eine Anweisung für eine EQ8-R gibt es keine, aber eine für den Vorgänger, die EQ8. Da der Aufbau recht identisch ist, kann man sich problemlos nach dieser Anleitung des Vorgängers richten. Ich hatte zwar keinen Backlash, aber über diese Einstellung regelt man ja die Spannung zwischen Schneckenrad und Schnecke. Ich wollte damit herausfinden, ob ich dieses Geräusch irgendwie verändern kann, in dem ich zum Beispiel einen Backlash durch Lockerung erziele.

Zum Einstellen des Backlashs, muss das Geäuse der Schneckenwelle leicht gelockert werden. Eine der vier Inbusschrauben wird vom Antriebsmotor verdeckt. Um die Schraube zu lockern, ohne den Motor zu entfernen, muss man einen Inbusschlüssel anpassen. Ich habe die kürzere Seite soweit gekürzt, das man damit in den Spalt, und somit in die Schraube kommt.

Leider war das Geräusch in verschiedensten Einstellungen vorhanden, und ließ sich nicht reduzieren. Wenn man aber die Mechanik in Bewegung so ansieht, scheint auch etwas nicht perfekt rundzulaufen. Vielleicht das Riemenrad, oder gar die ganze Schneckenwelle.

Ich habe mich daraufhin entschlossen, eine neue Schneckenwelle anzufertigen, und gleich noch passende Lager mitzubestellen. Beides konnte ich inklusive einem neuen schweren Teflonfett bei Chris von CG-5.de bestellen, welcher mir auch entsprechende Hilfestellung angeboten hat.

Hierzu muss der Motor entfernt werden, damit man die Schneckenwelle mit dem darumliegenden Gehäuse entferen kann. Damit nichts vom Motor zerkrazt werden kann, habe ich ein gefaltetes Küchenpapier daruntergelegt.

Den Motor habe ich dann mit einem Gewebeband gesichert, damit das Kabel auch nicht unter Zug steht.

Dann kann man problemlos das Gehäuse mit der Schnecke entfernen.

Das Schneckenrad habe ich dann vom alten Schmierfett soweit wie möglich befreit, ohne es ausbauen zu müssen.

Daraufhin habe ich es mit dem neuen Teflonfett benetzt.

Dann habe ich die Schneckenwelle aus dem Gehäuse entfernt. Hierzu muss ein Gewindering gelöst werden, welcher zuvor mit einem kleinen Brenner erhitzt werden muss. Mit einem Werzeug was mr als Kamera- oder Objektivschlüssel bekannt ist, konnte ich den Gewindering herausschrauben.

Nach dem Wechsel von Lager und Schneckenwelle, habe ich auch hier gleich noch etwas Teflonfett drauf gegeben.

Der Gewindering wurde wieder mit Locktite gesichert, und sicher verschraubt. Hier muss man berücksichtigen, dass ein zu festes Eindrehen des Gewinderinges wieder zu schwergängigkeit führen kann. Ich habe ihn so weit eingedreht, dass die Schneckenwelle sich immer noch geschmeidig drehen lässt. Nach dem Zusammenbau musste auch wieder eine neue Justierung über die drei Inbusschrauben für den Backlash durchgeführt werden. Hier muss man den idealen Punkt treffen, so dass man keinen Backlash mehr spürt, aber die Schneckenwelle sich immer noch sauber ohne grossen Widerstand drehen lässt. Hierzu mal einen Vergleich, wie es sich vorher mit der alten Schneckenwelle angehört hat, und wie es sich mit der neuen anhört. Das Schleifgeräusch hat deutlich nachgelassen, und somit war es eine gute Entscheidung, auch die Schneckenwelle auszutauschen.

Vorher
Nacher

Bei dem ganzen Prozedere ist noch etwas Weiteres nebenbei aufgefallen. Und zwar setzt sich die auffällige Geräuschentwicklung der DEC Achse aus mehreren Quellen zusammen. Zum einen dieses mechanische Schleifen, was durch die neue Schneckenwelle reduziert wurde. Zum anderen aber auch aus dem zyklischen Surren des Motors, wie es sich herausstellte, nachdem er mal ohne Antriebsriemen gelaufen ist.

Ich habe mir hierzu mal einen Motor als Ersatzteil angeschafft, und den etwas auffällig lauten Motor in der DEC Achse ausgewechselt.

Hier mal ein kleiner Vergleich zwischen den beiden Motoren:

  • Bisheriger Motor
  • Neuer Motor

Man merkt durchaus unterschiede im Geräuschpegel. Auch hier scheint es wohl eine Form von Serienstreuung zu geben, was die Motoren angeht. Der neue Motor bleibt drinnen, und der bisherige dient nun als Ersatzteil.

Ein halbes Jahr später habe ich nun endlich die neue Abdeckung erhalten, wordurch ich die angebrochene entsprechend austauschen konnte. Ich hätte ehrlich gesagt nicht mehr damit gerechnet, aber hier muss ich ausnahmesweise mal einen Punkt an Skywatcher vergeben.

Auch hier habe ich eine kleine Optimierung durchgeführt. Denn die Abdeckung hat keine Stütze von der unteren Seite und liegt nur mit dem etwas dünneren Rand am Gehäuse auf. Ich habe die Schrauben welche die Abdeckung andrücken, mit einem Unterlegscheibe und einer selbstsicherenden Mutter erweitert. Die Abdeckung kann sich nun darauf stützen, falls mal wieder eine Belastung darauf kommt.

Nach einer langen Zeit haben sich nun mal mehrere Nächte ergeben, an der ich die EQ8-R nach den ganzen Optimierungen nun mal unter realen Bedingungen testen konnte. Unter anderem waren da auch die eine oder andere frostige Nacht darunter, wie folgende Impressionen es zeigen.

Gleich im Anschluss folgen einige Guidingkurven, welche aus meiner Sicht sehr gut aussehen.

Folgende Guidingkurven zeigen den Lauf mit einem 155er Apo und einem OAG auf.

Um das ganze noch mit einem anderen System, einem C11 EdgeHD mit 250mm Guidescope.

Hier noch kurz zusammenfassend mit dem 155er Apo und OAG über einen etwas längeren Zeitraum. Die Agressionen habe ich für die RA auf maximal 50%, und für die DEC auf 35% gestellt. Damit erreiche ich die besten zahlen. Man kann schön sehen, dass es so kaum zu Überkorrekturen kommt. Die Kurven wird somit nicht immer extrem von der einen Seite zur anderen gerissen, und muss wieder zurück korrigiert werden.

Zum Abschluss muss ich nun sagen, dass es aus meiner persönlichen Sicht eine gute Entscheidung war, die Anpassungen durchzuführen. Nach einem holprigen Weg habe ich jetzt eine intakte Montierung, und konnte mir somit eine lange Wartezeit und potenzielle weitere Probleme mit einer neuen EQ8-R vermeiden. Ein weiterer Vorteil aus der Geschichte ist jetzt der Fakt, dass ich die Montierung inzwischen auch ganz gut vom Inneren kenne, und durchaus auch etwas Freude mit den Schraubarbeiten hatte.

Ich möchte hierzu auch noch erwähnen, dass ich Skywatcher mit all diesen Punkten über das Kontaktfomular konfrontiert habe, mit der Bitte um einer einfachen Stellungsnahme ohne die Forderung auf auf Handlung. Ich habe nie eine Rückmeldung erhalten.

Ein besonderer Dank geht hier noch an Chris von CG-5, welcher mir die Schneckenwelle und Lager, sowie das schwere Teflonfett beschafft hat. Ebenfalls haben seine Ratschläge aus der Erfahrung hier unterstützend mitgewirkt.

Update 07.03.2024

Neue Riemenräder, Schutzlack auf Platine, Test unter Feuchtigkeit

Ich habe mittlerweile zwei Sätze an Riemenrädern jeweils für die RA und DEC Achse von Chris von CG-5 erhalten, welche ich nun ausgetauscht habe. Die neuen Riemenräder wird auch der Höhenschlag der Verzahnung vermindert, und sie scheinen insgesamt etwas ruhiger als die originalen zu laufen.

  • Durch das anhaltend raue Wetter ergab sich eine unerwartete Prüfung für die Montierung. Über einen Zeitraum von 5 Monaten wurde sie ununterbrochen im Freien auf der Säule unter einer Schutzhaube gelagert, ohne jegliche Belüftungsmöglichkeiten. Wie erwartet bildete sich im Laufe der Zeit Feuchtigkeit unter der Haube, die sich auch auf die Montierung niederschlug. Die Schutzabdeckung bestand aus einer Kombination aus Baumwollbeutel, Grillabdeckung und Telegizmos 365 Schutzhülle, die einen zuverlässigen Schutz unter allen Wetterbedingungen geboten haben. Der Baumwollbeutel zeigte über die lange Zeit eine erhöhte Anfälligkeit für Schimmelbildung, was anhand des beigefügten Fotos ersichtlich ist. Beim Entfernen der Schutzhaube waren zudem einige Wasseransammlungen auf der Oberfläche der Montierung zu sehen. Eine Inspektion, die ich im Rahmen des Riemenrad-Austauschs durchgeführt habe, ergab, dass im Inneren keine Korrosion aufgetreten ist.

Jedoch musste ich einige der kleinen M3-Schrauben an der Außenseite vereinzelt austauschen, da sie korrodiert waren. Die Feuchtigkeit ist nicht bis ins Innere der Montierung eingedrungen, sondern hat sich nur oberflächlich gesammelt. Dennoch habe ich zur Sicherheit die Hauptplatine mit einem speziellen Schutzlack für Platinen versehen, was auf Dauer eine gewisse Sicherheit gibt.

Ein paar Impressionen